Iceland: Reykjanes Volcano (15.–18. Juli 2021)

Als am 19. März gegen 20:45 Uhr Ortszeit inmitten der Halbinsel Reykjanes im Südwesten Islands die Erde aufzureißen begann, war diese Reise nicht geplant, auch wenn man recht früh nach Beginn des Ausbruchs bereits vermutet hatte, die Eruption könne länger dauern.

GeoGuide-Autorentandem erneut in Island
Wer sich durch Vulkane in seinen Bann ziehen lässt, wer die imposante und abwechslungsreiche Naturlandschaft Islands genießen kann, wer immer wieder mit Schülerinnen und Schülern an Vulkanen – gerade auch in Island – geforscht hat, wer exakt zwei Jahre zuvor zuletzt mit einem Schülerteam in Island war (vgl. hier) und davor im Juni 2018 (vgl. hier) und wer einen geowissenschaftlichen Reiseführer über die Region geschrieben hat, der überlegt dann irgendwann doch nicht lange und entscheidet sich ohne groß zu überlegen zu einem Kurztrip. Da reicht es dann doch nicht aus, die täglich neuen Videos der „freaks“ anzuschauen. Aufgrund der durch die Pandemie bedingten Reiseeinschränkungen und -vorschriften – vor allem für die Einreise nach Island – war es möglich, eine 4-Tage-Reise auch wenige Tage zuvor zu organisieren. Nur mit vollem Impfschutz machte es Sinn, sich am 15. Juli 2021 in Hamburg in den A 319 nach Keflavík zu setzen.

Hier erfährt man mehr zum Westen, Südwesten und Süden Islands:

Fraedrich, Wolfgang & Heidari, Neli (2019): Iceland from the West to the South (GeoGuide). Heidelberg: Springer.
Softcover: ISBN 978-3-319-90862-5
eBook: ISBN 978-3-319-90863-2 (vgl. hier)

Hier erfährt man im Übrigen mehr zum Thema „Vulkanismus“:

Fraedrich, Wolfgang (2021): Faszination Vulkanismus.
geographie heute Unterricht konkret. Hannover: Friedrich
Best.-Nr. d00014 (Online-Dokument, vgl. hier)

Zur Entwicklung des Vulkanausbruchs auf Reykjanes und zu den geologischen Rahmenbedingungen findet man wichtige Informationen in verschiedenen Blog-Beiträgen (vgl. hier und hier). Über die Ausbreitung der Lava erfährt man hier alles Wichtige.

Reiseberichte

Donnerstag, 15. Juli 2021

Der Flug EW 7808 von Hamburg nach Keflavík startete pünktlich – Check In, Prüfen der Reisedokumente samt Impfpass und Security-Check – verliefen reibungslos in einem Flughafenterminal, in dem der Betrieb „überschaubar“ war.

Nach gut drei Stunden Flugzeit landete der A 319 pünktlich um 13:10 Uhr Ortszeit auf dem internationalen Flughafen Islands in Keflavík. Das Gepäck war schnell da, die Kontrolle des Impfpasses am Flughafen und auch das Anmieten des Mietwagens waren in einer guten halben Stunde erledigt – und das in der Hochsaison in Island, in der in „normalen Zeiten“ zig Busse vor dem Terminal warten, um oft dann ganze Reisegruppen in Empfang nehmen zu können. Die Zahl der ankommenden Touristen blieb überschaubar. Schon kurz nach dem Covid-19-Check kam bereits die Bestätigung, dass man sich nicht in Quarantäne begeben muss.

Der Check In in einem kleinen Motel nahe dem Flughafen in Keflavík verlief ebenso schnell wie alles andere zuvor, sodass es schon gegen 14:30 Uhr Richtung Grindavík und von dort wenige Kilometer weiter auf der Straße 427 bis zum Parkplatz (vgl. hier) ging, dem Ausgangspunkt für verschiedene Wanderwege ins junge Vulkangebiet . In Island reagiert man schnell und unkompliziert und wartet nicht monatelang auf irgendwelche Genehmigungen für die Anlage eines Parkplatzes, um dann erstmal die Falschparker am Straßenrand abzuzocken. Man kommt einfach mit schwerem Gerät, ebnet die alte Lava neben der Straße auf der Größe eines halben Fußballfeldes, stellt Toilettenhäuschen auf, erteilt einem Imbissbetreiber die Genehmigung, Getränke und warme Speisen anzubieten, und bittet über einen QR-Code um eine Parkgebühr in Höhe von 1.000 ISK (= 6,80 EUR), die man über die Kreditkarte bezahlt.

Das Wetter war nicht besonders einladend: 11 °C, aufgrund des Windes mit 4 bft gefühlt eher < 10 °C, und immer wieder kurze Nieselregenphasen. Es ging auf dem angelegten Wanderweg bis zum äußersten Südrand der jungen Lava, die dort Ende Juni gestoppt hat.

Das (vorläufige?) Ende der Lavazunge im Nátthagi-Tal – © Wolfgang Fraedrich

Inzwischen ist ein einige Meter hoher und ca. 15 m langer Damm angelegt worden, der für den Fall weiterer Lava einem weiteren Vorstoß zumindest kurzfristig Einhalt gebieten würde. Denn von hier aus öffnet sich das Nátthagi-Tal in Richtung der schmalen Küstenebene, hier könnte die Lava die Küstenstraße 427 erreichen oder gar überfließen. Aber das wird nur möglich sein, wenn die Eruption noch mehrere Monate weiter anhält und die Lava auch über das Nátthagi-Tal abfließt.

Unsere Wanderung führt westlich der Lavazunge soweit es möglich war – bis zu jener Stelle, an der die Lava von oben heruntergeflossen kam. Die vermeintlich starre Lava zu betreten würde lebensgefährlich sein, mehrfach platzen geräuschvoll Gasblasen in einem nahe dem Lavarand offenbar noch aktiven Lavatunnel. An vielen Stellen stiegen Gase auf.

Im Nátthagi-Tal – © Wolfgang Fraedrich
Im Nátthagi-Tal – © Wolfgang Fraedrich
Im Nátthagi-Tal – © Wolfgang Fraedrich

Schließlich ging es wieder zum Ausgangspunkt zurück, an dem wir gut durchnässt gegen 18:45 Uhr ankamen. Das Abendessen im Salthúsið in Grindavík half auch, die Kleidung ein wenig zu trocknen.

Um 21:30 Uhr ging es weiter von Grindavík aus Richtung Westen über den Nesvegur (Straße 425), zunächst gab es einen kurzen Stopp im Hochtemperaturgebiet Gunnuhver, dann noch weiter im Norden an der Brücke „Miðlina“, die die Eurasische Platte mit der Nordamerikanischen Platte verbindet und den hier nur wenige Meter breiten Scheiten des Mittelatlantischen Rückens überquert.

Eine weithin sichtbare Wasserdampffahne schießt aus einem der Krater im Hochtemperaturgebiet – © Wolfgang Fraedrich
Bildung von Gips- und Schwefelkristallen an einer der zahlreichen Fumarolen – © Wolfgang Fraedrich

Um 22:30 Uhr kam wir in die Unterkunft zurück.

Freitag, 16. Juli 2021

Die Wettervorhersage war „durchwachsen“: 10–12 °C, 4–5 bft, Regen bis etwa 11:00 Uhr, tiefhängende Wolken. Nach dem Frühstück starten wir um 10:30 Uhr und fuhren wieder zum Ausgangspunkt für die Wanderungen in das junge Vulkangebiet. Um 11:05 Uhr starteten wir, gingen diesmal östlich an der Lavazunge weiter und sind dann über einen sehr steilen Anstieg auf den „Höhenzug“ Langyhryggur mit seinem 296 m hohen Gipfel (vgl. hier) den wir gegen 12:30 Uhr erreicht hatten.

Wegweiser unterstützen die Orientierung – © Wolfgang Fraedrich
Einer der ins Nátthagi-Tal abgeflossenen Lavaströme – © Wolfgang Fraedrich
Blick in Richtung des aktiven Kraters vom Langihryggur – © Wolfgang Fraedrich

Von hier aus blickt man einen über das weite Lavafeld auf den Mitte Juli etwas ruhigeren Hauptkrater, einem Schlackenkegel, der über mehrere Monate Meter um Meter in die Höhe gewachsen ist. Am Tag unserer Ankunft hatte sich am Fuß seiner an seiner Nordostflanke ein Riss aufgetan, über den die dünnflüssige Lava seitdem in das nordöstlich gelegene und für Touristen nur sehr schwer zugängliche Meradalir abfließt. Der Magmaspiegel im Krater lag somit tiefer, nur vereinzelt erreichten die Lavafontänen eine Höhe, sodass man sie aus der Ferne wenige Meter über den Kraterrand aufsteigen sah.

Aufgrund des tiefer liegenden Magmaspiegels erreichten die Lavafontänen gerade so den Kraterrand – © Wolfgang Fraedrich

Zwischendurch verdeckten immer wieder die Wolken den Blick auf den Krater, es war nass und windig, sodass wir uns gegen 14:00 Uhr entschlossen, langsam wieder abzusteigen. Auch wenn das Ganze nicht so spektakulär war wie erhofft, der Blick auf das weite Lavafeld ist eindrucksvoll und dokumentiert die anhaltenden Naturkräfte. Auf dem Rückweg konnten wir weiter unten im Tal für Island typische Steinringe bewundern, die ein Ausdruck periglazialen Formenschatzes sind.

Steinringe, eine typische Periglazialstruktur – © Wolfgang Fraedrich

Gegen 15:00 Uhr fuhren wir dann weiter auf der Straße 427 und bogen dann nach Norden auf die Straße 42, die wir zunächst bis zum Hochtemperaturfeld Seltún bei Krýsuvík (vgl. hier) fuhren. Während eines 45-minütigen Stopps durchwanderten wir das zum Teil neu gestaltete Wegenetz.

Im Hochtemperaturgebiet Seltún – © Wolfgang Fraedrich

Dann ging es weiter auf einer der landschaftlich schönsten Straßen im Südwesten Islands, die inzwischen komplett asphaltiert ist. Wie auf einer Berg- und Talbahn überquert die Straße die Halbinsel Reykjanes und führt u. a. westlich des Kleifarvatn vorbei, bis man dann das südlich von Hafnarfjörður gelegene Lavafeld erreicht. Hier wie schon häufiger zuvor, haben wir den Trockenfisch auf einer großen Trockenfischanlage (vgl. hier; GPS-Koordinaten 64° 01‘ 04.77“ N, 21° 56‘ 52.54“ W) bewundern können.

Große Mengen Kabeljau sind hier zum Trocknen aufgehängt – © Wolfgang Fraedrich

Zum Abendessen ging es nach Reykjavík, um 18:30 Uhr dann wieder zurück nach Keflavík, das wir um 19:15 Uhr erreichten.

Samstag, 17. Juli 2021

Da die Wettervorhersage für die Halbinsel Reykjanes kein besseres Wetter als in den Tagen zuvor vorgab, sahen wir von einem erneuten Besuch des jungen Vulkangebiets ab, zumal ein Blick auf die abfließende Lava in Richtung Meradalir kaum zu erreichen gewesen wäre. Und da im Süden Islands die Sonne scheinen sollte, brachen wir um 9:00 Uhr auf. Das erste Ziel war der 203 km entfernte Skógafoss (vgl. hier) ein imposanter, 60 m hoher Wasserfall am Fuße von Eyjafjallajökull und Myrdalsjökull, den wir nach etwa zweieinhalbstündiger fahrt über die Straße 41 bis Reykjavík und von da an über die Straße 1 über Hveragerði, Selfoss, Hella und Hvolsvöllur erreichten. Das herrliche Wetter lud zu einem Picknick in der Sonne ein.

Blick auf den Skógafoss – © Wolfgang Fraedrich
Blick über die Farm Þorvaldseyri auf den Eyjafjallajökull, in der Viehwirtschaft und Ackerbau betrieben wird – © Wolfgang Fraedrich

Nach etwa einer Stunde ging es dann zurück zum nächsten Stopp, dem Seljalandsfoss, einem Wasserfall, hinter dessen Wasservorhang man entlanglaufen kann. Auf dem Weg dorthin machten wir einen kurzen Fotostopp an der Farm Þorvaldseyri (vgl. hier). Auch am Seljalandsfoss wurde sehr deutlich, wie wenig Touristen im Land sind. In der Hochsaison sind auch hier immer mehrere Busse auf dem Parkplatz, diesmal keiner.

Die Perspektive, die man hinter dem Wasserfall hat – © Wolfgang Fraedrich
Blick auf den Seljalandsfoss – © Wolfgang Fraedrich

Vom Seljalandsfoss ging es weiter auf der Ringstraße (Straße Nr. 1) zurück Richtung Reykjavík. In Selfoss überquert man den Fluss Ölfusá, nach weiteren knapp 4 km Fahrt passiert man nördlich der Straße Nr. 1 einen Hang mit ausgeprägten Kissenlavastrukturen (vgl. hier), der die Südwestspitze des bis auf 551 m hoch aufragenden Inghóll-Massivs bildet. Hier haben wir einen kurzen Fotostopp eingelegt.

Kissenlava (engl. pillow lava) entsteht beim Erstarren flüssigen Magmas unter Wasser. Dass hier die Kissenlava über dem Meeresspiegel liegt, resultiert aus der glazialisostatischen Hebung Islands seit dem Ende der letzten Kaltzeit – © Wolfgang Fraedrich

Über Hveragerði ging es dann wieder hinauf auf die Ausläufer des Hengill-Massivs bis zum kleinen Hochtemperaturfeld Hveradalir (vgl. hier), das in den letzten zwei Jahren auch für Touristen mit einem kleinen Steg erschlossen worden ist. Das unmittelbar daneben stehende Hotel Skíðaskálinn í Hveradölum steht seit Jahren leer, allerdings hat es den Anschein, dass hier bald wieder Aktivität geben soll, da Ausbesserungsarbeiten an der Hotelanlage durchgeführt werden.

Die neu angelegte Trasse im Hochtemperaturgebiet Hveradalir – © Wolfgang Fraedrich
Ein Hotel ohne Betrieb – © Wolfgang Fraedrich


Der nächste Stopp war der große Warmwasserspeicher „Perlan“ (zu deutsch die Perle; vgl. hier). Die sechs großen Wassertanks sind überbaut mit einer großen Glaskuppel, unter der es auch touristische Infrastruktur (Museum, Restaurants, Ausstellungen) gibt. Auf dem rundum begehbaren Außenbereich in der 4. Etage hat man einen phantastischen Blick über Reykjavík, der heute allerdings durch die tief hängenden Wollen getrübt war.

Kaffeepause im Perlan-Restaurant – © Wolfgang Fraedrich

Schließlich folgte der letzte Stopp an der warmen Quelle Kvika (vgl. hier), die gefühlt 40 °C warmes Wasser hatte. Leider war es aufgrund der Vogelbrutperiode (bis zum 30. Juli) noch nicht möglich, auf die kleine der Halbinsel Seltjarnarnes vorgelagerte Vogelinsel Grótta zu gehen, so blieb nur der Blick auf den markanten Leuchtturm Gróttuviti (vgl. hier).

Kvika – © Wolfgang Fraedrich
Gróttuviti – © Wolfgang Fraedrich

Schließlich ging es über die Straßen 40 und 41 wieder zurück nach Keflavík. Nach dem Abendessen erreichten wir gegen 21:30 Uhr das Motel.

Sonntag, 18. Juli 2021

Um pünktlich um 8:30 Uhr am Flughafen zu sein, klingelte der Wecker bereits um 6:30 Uhr. Frühstück, Kofferpacken, Fahrt zum Flughafen und Rückgabe des Fahrzeugs liefen problemlos, der Check In allerdings zog sich hin, weil jeder Fluggast auch bzgl. seines Covid-19-Status kontrolliert worden ist.

Pünktlich um 10:35 Uhr erfolgte der Start. Nach anfangs dichter Bewölkung lichtete sich die Wolkendecke während des Vorbeiflugs an Islands Südküste, sodass man einen guten Blick hatte, u. a. auf den kleinen Gletscher Tindfjallajökull, an dessen Südrand der Berg Ymir (vgl. hier) immerhin 1464 m über dem Meeresspiegel erreicht.

Blick auf den Tindfjallajökull – © Wolfgang Fraedrich

Nach gut dreieinhalb Stunden landete der A 319 um 15:45 Uhr (MESZ) wieder in Hamburg, hier wird jeder ankommende Fluggast sofort per SMS auf die Covid 19-Regeln hingewiesen. Eine sehr eindrucksvolle Kurzexkursion ging erfolgreich zu Ende.